Sechs Jahrzehnte Warren Buffet - eine Investorenlegende zieht sich zurück

Nach nunmehr sechs Jahrzenten zieht sich die Investorenlegende Warren Buffet zum Ende des Jahres als CEO aus seiner Holding Berkshire Hathaway zurück. Er kann auf eine außergewöhnliche Erfolgsbilanz zurückblicken. Ein Anleger, der 1965 dort 1.000 US-Dollar investiert hat, verfügt heute über ein Vermögen von 55 Millionen US-Dollar  - das entspricht einer jährlichen Rendite von nahezu 20 % und einer Outperformance von 9,5 % gegenüber dem S&P 500.

Prinzipien von Benjamin Graham

Das Fundament für diesen grandiosen Erfolg geht auf die Prinzipien von Benjamin Graham zurück. Buffet las im Jahr 1950 von ihm das Buch "The Intelligent Investor" und war sofort von den Leitgedanken fasziniert. Durch Zufall wurde der junge Buffet auf einige Kurse von Graham an der Columbia Business School in New York aufmerksam, mit den einfühlsamen Worten "Ich dachte Sie wären schon lange tot. Jetzt da ich weiß, dass Sie noch leben, würde ich gerne ihren Kurs besuchen", bewarb sich Buffet mit Erfolg um einen Platz.

Benjamin Graham (1894-1976) gilt als der Urvater des Value Investing. Mit seinen Büchern "Security Analysis" (1934) und "The Intelligent Investor" (1949) legte er das intellektuelle Fundament für viele Valueinvestoren. Seine Philosophie lässt sich auf vier simple Handlungsempfehlungen herunterbrechen.

1. Für den Anleger ist eine Aktie die Beteiligung an einem Unternehmen

Die Basis einer Investition in Aktien ist für Benjamin Graham die Tatsache, dass es sich um eine Beteiligung an einem Unternehmen handelt, dessen Wert völlig unabhängig vom Kursverlauf der Aktie besteht. Um erfolgreich zu investieren, muss der Anleger verstehen, wie der Betrieb Kapital erwirtschaftet, wie die Zukunftsaussichten aussehen und dazu eine fundamentale Bewertung durchführen.

Fehlen diese Schritte, so ist in Grahams Augen der Aktienkäufer kein Anleger, sondern ein Spekulant der lediglich drauf spekuliert den Preis einer Aktie in der Zukunft zu erraten, indem er versucht das Verhalten anderer Anleger vorherzusagen. Nach seiner Definition sind Value-Investoren an einer langfristigen Entwicklung des Unternehmens interessiert und nicht daran, wie sich der Kurs in den nächsten sechs oder zwölf Monaten bewegt.

2. Objektives und rationelles Handeln

Für eine erfolgreiche Geldanlage hält er es für unverzichtbar, dass der Investor über ein gutes emotionales Korsett verfügt. Die Psychologie der breiten Masse vorherzusagen ist unmöglich und wer sich von ihr treiben lässt, fährt im Endeffekt schlechte Resultate ein. Daher ist es enorm wichtig, die eigenen Emotionen im Griff zu haben und daran zu arbeiten, alle Möglichkeiten im Markt rational zu vergleichen und sich nicht von persönlichen Befindlichkeiten beeinflussen zu lassen.

Value Investing nach Graham ist im Kern ein einfaches und einleuchtenden Konzept - kaufe Unternehmen zu einem Preis, der unter ihrem tatsächlichen Wert liegt und halte sie bis der Markt diesen Wert erkennt. Doch die psychologischen und praktischen Herausforderungen, konsequent an dieser Strategie festzuhalten, insbesondere in volatilen oder irrationalen Marktphasen, machen die erfolgreiche Umsetzung alles andere als leicht.

3. Investieren mit einer Sicherheitsmarge

Gemäß Benjamin Graham ist der Wert einer Aktie der Gegenwartswert der zukünftigen Cashflows eines Unternehmens. Nach der Berechnung ihres fairen Wertes, durchgeführt mit konservativen Annahmen, vergleicht der Investor diesen mit dem aktuellen Preis der Aktie am Markt. Je größer die Differenz zwischen den beiden Werten, desto attraktiver ist das Investment. Stellen Sie sich die Sicherheitsmarge wie den Sicherungsabstand im Straßenverkehr vor. Fahren Sie zu nahe auf, können Sie nicht mehr auf das Verhalten des vorausfahrenden Autos reagieren. Halten Sie dagegen genügend Abstand, dann sind Sie in einer entspannten Situation

Das gleiche Prinzip gilt auch an der Börse - je größer die Sicherheitsmarge bei einem Investment, desto weniger müssen kurzfristige Prognosen getroffen werden und desto größer ist der Schutz gegen eigene Fehler oder auch externe Einflüsse, wie etwa Rezession, Umweltkatastrophen oder kurzfristige politische Einwirkungen. Benjamin Graham brachte es so auf den Punkt: "Die Funktion einer Sicherheitsmarge liegt im Wesentlichen darin, eine genaue Abschätzung der Zukunft unnötig zu machen."

4. Nutzen Sie depressive Märkte zu ihren Gunsten

Graham erfand die fiktive Person Mr. Market, einen manisch-depressiven Anleger, als Metapher für die Funktionsweise des Aktenmarkts. An einem Tag ist er völlig euphorisch und zahlt völlig überzogene Preise, in depressiven Phasen bietet er Ihnen dagegen seine Aktien zum Schnäppchenpreis an. Vom wahren Wert der Aktie hat er keine Ahnung und lässt sich nur von seinen Emotionen leiten. Mit Grahams Ansatz einer fundamentalen Bewertung als Orientierung profitieren Sie als Investor von den Launen des Mr. Market. Ist er depressiv, kaufen Sie günstig und mit großen Sicherheitsmarge, herrscht Euphorie, heißt es die Gunst der Stunde zu nutzen und Anteile zu verkaufen. Letzteres trifft allerdings nur zu, wenn Sie in besagtem Wert bzw. besagten Werten nicht langfristig investiert bleiben wollen.

Berkshire Hathaway

In seinen Anfangsjahren verfolgte Warren Buffet konsequent Grahams Methoden und kaufte nur Aktien von Gesellschaften die weit unter ihrem Buchwert notierten. So erwarb er erstmals 1962 Aktien von Berkshire Hathaway, einem sterbenden Textilhersteller aus Massachusetts, dessen Aktie weit unter ihrem Buchwert gehandelt wurde. Ihm war bewusst, dass das Unternehmen wegen der drohenden Konkurrenz aus Fernost keine blühende Zukunft haben wird. Doch der Preis für die Firma war so günstig, dass bei einer Liquidierung der Vermögenswerte ein großer Gewinn zu erwarten war.

Aber anstatt das Textilunternehmen zu aufzulösen, übernahm Buffett 1965 die Mehrheit an der Firma und begann mit den vorhanden Barmitteln andere Aktien und später ganze Firmen zu kaufen. Der Rest ist Geschichte.

Buffets Anlagestil

Bedingt durch die stark gestiegenen Anlagesummen wandelte sich über die Jahre und Jahrzehnte seiner Investorentätigkeit auch der Anlagestil. Anstatt ständig schlechte Firmen mit großer Sicherheitsmarge zu erwerben erkannte Buffet, dass qualitativ hochwertige Gesellschaften mit starker Marktposition und guten Zukunftsaussichten ein besseres Investment darstellen, sofern sie zu einem fairen Preis erworben werden können. Wie letzten sechs Jahrzehnte zeigen kann investieren mit Erfolg kann so einfach sein.

 

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